Bücher, Thriller und Novizen - zur Messe pumpen uns die verlage wieder mit Neuerscheinungen zu. Ich kaufe nix. habe beschlossen, endlich mal meinen Schrank leerzulesen. Da stehen noch so viele Schätzchen, zum Teil seit Jahren, die auf mich warten. Deshalb habe ich mich jetzt mal fünfen davon in einem literarischen Parforceritt angenommen - und hier mein Senf:
Helmut Krausser: Die wilden Hunde von Pompeji
Das Buch ist von 2004, wird jetzt bei Amazon für nen Fünfer verramscht - dabei ist es - wie fast alles von Krausser - ein verdammt guter Roman. Sprachlich ist der Mann unter den Zeitgenossen der Oberhammer. Die Geschichte ist dem Autor angemessen skurril: Hunde, die aus der Umgebung stammen und über die Zäune des heutigen Pompeji geschmissen werden, organisieren sich. Die süße Hündin bettelt die Touristen mit Blume im Maul an, es gibt Gut und Böse - und der Neuankömmling muss sich einfügen. Klingt läppsch, ist aber extrem unterhaltsam und temporeich erzählt. Nicht Kraussers Meisterwerk, aber wunderbare Lektüre. Demnächst mache ich mich über seinen Puccini-Roman her und freu mich drauf.
Volker Kutscher: Der nasse Fisch
Hochinteressant konstruiert: Der Kriminalroman spielt im Berlin der 20er Jahre - und diese Ausgangssituation nutzt Kutscher konsequent aus, präzise Beschreibungen inklusive. Ein Kripobeamter aus Köln wird zwangsversetzt in die Hauptstadt: Pulsierendes Großstadtleben statt kölnische Gemächlichkeit, allerdings auch Sitte statt Mordkommission. Klar geht's trotzdem um Mord und Totschlag. Wunderbare Idee: Einsatz gegen einen Pornoring, der Hauptdarsteller ist als Kaiser Wilhelm II. verkleidet. Das Buch ein paar Längen, aber ich mochte es trotzdem nicht weglegen. Soll wohl eine Serie werden - freue mich auf den nächsten Teil.
John le Carré: Ein blendender Spion
Das Buch (erschienen in den 80ern) hab ich vor Jahren mal vor dem Müllcontainer bewahrt. le Carré ist ja bekanntermaßen ein Geheimdienstspezialist, und das merkt man natürlich. Es geht um Magnus Pym, Angehöriger des englischen Auslandsgeheimdienstes und dessen Ausstieg. In Rückblenden erfährt man von seiner Motivation, wer ihn wann wie beeinflusst hat, wie sein vater ihn ausgenutzt hat; sein Vorgesetzter und seine Frau suchen ihn - und natürlich der gesamte Geheimdienst... keins der Bücher, die einen packen, aber es fesselt durchaus. Und schreiben kann der John...
Heinrich Böll: Billard um halbzehn
Bei der gleichen Bücherrettungsaktion vor dem Müll gerettet; meine Ausgabe ist aus der fünften Auflage von 1961 und hat deshalb diesen wunderbaren Einband, der nach 50er Jahren aussieht. Der Roman spielt auch 1958, in Köln, ist wohl auch '58 fertiggestellt worden und allein deshalb erlaubt er so wunderbare Einblicke ins Leben der 50er; ein kleiner Hauch von "besseren Zeiten" durchweht das Buch, das eigentlich die Geschichte von drei Generationen erzählt, wie sie und ihre Taten vor, während und nach dem Krieg in Zusammenhang stehen - und natürlich über einen alten Nazi, der es auch in der Bundesrepublik geschafft hat. Bin kein Böll-Fan, aber ich hab's genossen, in die Fünfziger einzutauchen.
Thea Dorn: Die Hirnkönigin
Das hab ich zwischendurch noch verschlungen, um zehn Uhr abends angefangen, bis in den frühen Morgen durchgerast - obwohl ich arbeiten musste... Ein recht delikates Buch, drastisch in mancher Schilderung, nichts für schwache Nerven. Aber straff geschrieben und deshalb einen Blick wert.